Nachdem Zigtausende Menschen in Bukarest zum Gedenken an die Opfer eines Club-Brands auf die Straße gingen und pauschal Ministerpräsident Ponta, seinen Innenminister, einen Bezirksbürgermeister und die Politiker anklagten, durch Korruption und deren Duldung die Tragödie in der Diskothek mitverschuldet zu haben, hat der seit Langem angeschlagene Sozialdemokrat das Handtuch geworfen.
Ponta gelingt damit der beste Schachzug des Jahres. „Jemand muss die Verantwortung für das übernehmen, was geschehen ist”, sagte Liviu Dragnea, Vorsitzender der Sozialdemokraten. Ponta selbst und wahrscheinlich auch seine Partei verlassen nun also die Bühne und überlassen es Staatspräsident Klaus Johannis, eine Lösung für die nicht unbedingt einfache Machtübergabe zu finden.
Über Facebook vernetzt
Die Legitimität der Politlandschaft wird angezweifelt. Die über Facebook vernetzten protestierenden Rumänen haben den Regierungsrücktritt provoziert! Die sogenannte Facebook-Generation glaubt, dass Rumänien wieder partizipativ zu führen sei. Im November des Vorjahrs dienten sie Johannis, woraufhin dieser überraschend zum Präsidenten gewählt wurde.
Doch wie kann der Ausweg aus diesem Politschlamassel nachhaltig gestaltet werden? Die rumänische Währung schwankt, reagiert wie erwartet auf den Regierungsrücktritt, trotzdem ist keine massive Entwertung in Sicht. Rumäniens Wirtschaft geht es ohnehin nicht so schlecht: Es gibt Wirtschaftswachstum! Rumänien bewacht seine Grenzen und sorgt für Stabilität auf dem Balkan. Kann Klaus Johannis der politischen Krisenlösung in Bukarest den Weg ebnen? Seine bisherigen politischen Blitzableiter, Ponta& Co., sind jetzt gegangen, der Staatspräsident steht allein mit seiner Verantwortung vor seinem Volk.
Einen Fels in der Brandung kann so schnell nichts erschüttern, das schien Johannis bisherige Politstrategie zu sein. Die denkwürdigen Ereignisse der vergangenen Tagen in Bukarest zwingen nun aber auch Johannis dazu, Farbe zu bekennen. Er wird jetzt daran gemessen, wie gut und schnell diese, seine Regierung zustande kommt. Die Stunde des Klaus Johannis hat geschlagen. Dass die Menschen die Richtigkeit seiner Entscheidung bezweifeln werden, ist aber auch schon programmiert.
Keine Weihnachtsmärchen
Ob vorgezogene Neuwahlen, so der Wunsch von Johannis’ Nationalliberalen Partei (PNL), eine interimistische Regierung, geführt von einem parteilosen Ministerpräsidenten oder eine wie auch immer geartete Regierung mit wackeliger parlamentarischer Mehrheit, fest steht: Die Facebooker wollen keine Weihnachtsmärchen mehr! Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht.
06.11.2015, 11:44 von Alexandru Todericiu
articol publicat în ambele ediții – scrisă și online – ale ziarului Wirtschaftsblatt din Austria